Eine seltene Krankheit beeinflusst nicht nur die Gesundheit, sondern auch das Berufsleben.
Fatigue, Schmerzen und häufige Arzttermine erschweren die Erwerbstätigkeit – gleichzeitig bleibt Arbeit
ein zentraler Baustein für soziale Teilhabe, Selbstwert und finanzielle Sicherheit.
Dieser Artikel zeigt, welche Rechte Betroffene haben und welche Unterstützung in der Schweiz möglich ist.
Herausforderungen im Arbeitsalltag
Körperliche Einschränkungen
Viele seltene Krankheiten gehen mit Symptomen einher, die direkt die Arbeitsfähigkeit beeinträchtigen.
Typisch sind Fatigue, chronische Schmerzen, eingeschränkte Mobilität oder häufige Arzttermine.
Auch Seh- und Hörstörungen erschweren die Arbeit.
Praxisbeispiel: Eine Patientin mit Ehlers-Danlos-Syndrom kann wegen Gelenkschmerzen nicht mehr lange sitzen.
Durch einen höhenverstellbaren Arbeitsplatz, Homeoffice und kürzere Arbeitszeiten bleibt sie erwerbstätig.
Psychische Belastungen
- Angst um den Arbeitsplatz durch häufige Absenzen
- Depressionen als Folge chronischer Krankheit
- Stigmatisierung bei unsichtbaren Symptomen
- Überforderung durch Leistungsdruck
Soziale Belastungen
Neben körperlichen und psychischen Hürden entstehen auch soziale Probleme: Unverständnis von Vorgesetzten,
Konflikte im Team und Karrierehemmnisse sind häufig. Viele Betroffene erhalten trotz Qualifikation
weniger Chancen auf Beförderung oder Weiterbildung.
- Häufige Absenzen durch Arzttermine oder Spitalaufenthalte
- Fatigue, Schmerzen und Konzentrationsprobleme
- Fehlendes Verständnis im Team
- Angst vor Arbeitsplatzverlust
- Karrierehemmnisse trotz Qualifikation
- Finanzielle Einbussen durch Teilzeitarbeit
Rechte von Arbeitnehmenden in der Schweiz
Kündigungsschutz und Sperrfristen
Gemäss Art. 336c OR gilt während Krankheit eine Sperrfrist, in der keine Kündigung erfolgen darf.
Dauer der Sperrfrist:
- 1. Dienstjahr: 30 Tage
- 2.–5. Dienstjahr: 90 Tage
- ab 6. Dienstjahr: 180 Tage
Lohnfortzahlung
Nach Art. 324a OR besteht Anspruch auf Lohnfortzahlung für eine bestimmte Dauer.
Viele Firmen haben zusätzlich eine Krankentaggeldversicherung (KTG), die 80 % des Lohnes
bis zu zwei Jahre übernimmt.
Arbeitsanpassungen
Arbeitgeber müssen auf gesundheitliche Einschränkungen Rücksicht nehmen, sofern dies zumutbar ist.
Dazu gehören flexible Arbeitszeiten, Homeoffice, ergonomische Anpassungen oder Jobsharing-Modelle.
Unterstützung durch Krankenkassen, IV und Pensionskassen
Krankenkassen
Übernehmen medizinische Behandlungen, Medikamente und Hilfsmittel – jedoch keine Arbeitsplatzanpassungen.
Für Off-Label-Medikamente braucht es eine individuelle Kostengutsprache.
Invalidenversicherung (IV)
Die IV verfolgt den Grundsatz „Eingliederung vor Rente“. Leistungen sind:
- Abklärung der Arbeitsfähigkeit
- Berufsberatung und Coaching
- Umschulungen oder Weiterbildungen
- Hilfsmittel für den Arbeitsplatz
- IV-Rente bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit
Pensionskassen (2. Säule)
Zahlen Invalidenrenten, wenn IV eine Invalidität anerkennt.
Die Leistungen ergänzen die Renten aus der 1. Säule.
- Arbeitsfähigkeits-Abklärung
- Berufsberatung & Coaching
- Umschulung und Weiterbildung
- Finanzierung von Hilfsmitteln
- Anpassung von Arbeitsplätzen
- Invalidenrente bei dauerhafter Einschränkung
Rolle der Arbeitgeber
Verpflichtungen
Arbeitgeber müssen angemessene Anpassungen vornehmen, solange diese zumutbar sind.
Sie sind nicht verpflichtet, jede Einschränkung aufzufangen, aber zu einem fairen Ausgleich.
Chancen
Unternehmen profitieren von motivierten Mitarbeitenden, die trotz Krankheit wertvolle Arbeit leisten.
Zudem unterstützt die IV Arbeitgeber finanziell bei Anpassungen.
Beispiele für Anpassungen
- Flexibilität durch Teilzeit, Gleitzeit oder Homeoffice
- Jobsharing als Entlastung
- Ergonomische Arbeitsplätze oder Spezialsoftware
- Anpassung von Prozessen im Team
Psychosoziale Unterstützung
Für Betroffene
- Psychotherapie zur Bewältigung von Ängsten und Depressionen
- Berufscoaching für Gespräche mit Vorgesetzten
- Selbsthilfegruppen, z. B. über ProRaris oder Selbsthilfe Schweiz
Für Angehörige
Angehörige sind oft in die Organisation des Arbeitsalltags eingebunden.
Auch sie können Beratung und psychologische Unterstützung beanspruchen.
- Frühzeitig mit Arbeitgeber sprechen
- Anpassungen am Arbeitsplatz prüfen
- Unterstützung durch IV nutzen
- Regelmässige Pausen und Erholung einplanen
- Psychologische Hilfe annehmen
- Austausch mit anderen Betroffenen suchen
Zukunftsperspektiven
Die Digitalisierung eröffnet neue Chancen für Homeoffice und hybride Modelle.
Gleichzeitig wächst das Bewusstsein für Diversität und Inklusion in Unternehmen.
Neue Therapien können Symptome besser kontrollieren und so die Arbeitsfähigkeit verbessern.
FAQ: Häufige Fragen
- Habe ich Anspruch auf Kündigungsschutz?
- Ja, während der Sperrfrist gemäss Art. 336c OR. Je nach Dienstjahren beträgt sie 30 bis 180 Tage.
- Wer bezahlt Arbeitsplatzanpassungen?
- Die IV übernimmt notwendige Hilfsmittel und Anpassungen, wenn sie für die Erwerbstätigkeit entscheidend sind.
- Kann ich eine Umschulung beantragen?
- Ja, die IV finanziert Umschulungen oder Weiterbildungen, wenn dadurch die Erwerbsfähigkeit verbessert wird.
- Was tun bei Konflikten mit dem Arbeitgeber?
- Zuerst das Gespräch suchen. Unterstützung bieten IV-Stellen, Sozialdienste oder Patientenorganisationen.
- Was, wenn ich nur Teilzeit arbeiten kann?
- Eine Kombination aus Teilzeitarbeit und IV-Leistungen ist möglich. Renten werden nach Erwerbsfähigkeit abgestuft berechnet.
Fazit
Eine seltene Krankheit verändert das Berufsleben – muss aber nicht zum Verlust der Erwerbstätigkeit führen.
In der Schweiz sichern Arbeitsrecht, Krankenkassen, IV und Pensionskassen Betroffene ab.
Entscheidend bleibt die aktive Kommunikation und die Nutzung von Unterstützungsmöglichkeiten.
Dr. med. Jens Westphal und sein Team beraten Patientinnen und Patienten nicht nur medizinisch,
sondern auch bei Fragen zur beruflichen Integration – praxisnah, interdisziplinär und individuell.