Seltene Krankheiten stellen Betroffene oft vor zusätzliche rechtliche Hürden.
Lange Diagnosewege, teure Medikamente und komplexe Versicherungsfragen machen es wichtig, die eigenen Rechte zu kennen.
Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über zentrale Patientenrechte in der Schweiz.
Das Recht auf Information und Aufklärung
Patientinnen und Patienten haben gemäss Behandlungsvertrag und kantonalen Gesundheitsgesetzen ein Anrecht auf umfassende und verständliche Information.
Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, über Diagnosen, Therapien, Risiken und Alternativen aufzuklären.
Besonders bei seltenen Krankheiten ist die Aufklärung über genetische Tests und unklare Prognosen entscheidend.
Praxisbeispiel: Ein Patient mit Verdacht auf eine seltene Stoffwechselkrankheit muss vor einem genetischen Test über Nutzen, Risiken und mögliche Konsequenzen informiert werden.
Das Recht auf eine angemessene medizinische Versorgung
Alle Personen in der Schweiz haben Anspruch auf eine Grundversorgung. Bei seltenen Krankheiten umfasst dies:
- Überweisung an spezialisierte Zentren
- Recht auf eine Zweitmeinung
- Anspruch auf Auslandbehandlung, wenn in der Schweiz keine Therapie verfügbar ist
Praxisbeispiel: Ein Kind mit einer seltenen Enzymdefizienz erhält die notwendige Behandlung in Deutschland – finanziert durch die Krankenkasse nach Kostengutsprache.
- Recht auf umfassende Information und Aufklärung
- Einsicht in die Krankengeschichte
- Freie Arztwahl und Recht auf Zweitmeinung
- Anspruch auf angemessene medizinische Versorgung
- Recht auf Zustimmung oder Ablehnung von Behandlungen
- Möglichkeit zur Auslandbehandlung
Das Recht auf Kostenübernahme
Die obligatorische Krankenversicherung übernimmt nur Leistungen, die wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind (Art. 32 KVG).
Für seltene Krankheiten bedeutet das:
- Orphan Drugs: werden übernommen, wenn sie auf der Spezialitätenliste stehen.
- Off-Label Use: nach Art. 71a/b KVV möglich bei lebensbedrohlichen Erkrankungen ohne Alternative.
- Genetische Tests: werden bei medizinischer Indikation erstattet, inkl. genetischer Beratung.
Praxisbeispiel: Eine Patientin mit seltener Blutkrankheit erhält Off-Label ein Medikament – nach ärztlicher Begründung übernimmt die Krankenkasse die Kosten.
Das Recht auf Mitsprache und Selbstbestimmung
Jede medizinische Massnahme erfordert die Zustimmung der Patientin oder des Patienten.
Besonders bei seltenen Krankheiten mit experimentellen Therapien ist die informierte Zustimmung (informed consent) entscheidend.
Patientenverfügungen und Vorsorgeaufträge sind wichtig, um frühzeitig festzulegen, welche Behandlungen gewünscht oder abgelehnt werden.
Das Recht auf Akteneinsicht
Gemäss Art. 8 DSG haben Betroffene jederzeit Anspruch auf Einsicht in ihre Krankenakten.
Dazu gehören Arztberichte, Laborwerte, genetische Befunde und Röntgenbilder.
Kopien müssen auf Wunsch zur Verfügung gestellt werden.
Das Recht auf Gleichbehandlung
Die Bundesverfassung garantiert in Art. 8 BV das Recht auf Gleichbehandlung.
Niemand darf wegen einer Krankheit oder Behinderung benachteiligt werden.
Seltene Krankheiten gelten oft als Behinderungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention, die auch in der Schweiz gilt.
- Schriftliche Begründung bei Ablehnung
- Anspruch auf Verfügung (anfechtbar)
- Einsprache innerhalb von 30 Tagen möglich
- Recht auf gerichtliche Überprüfung
- Zugang zur Ombudsstelle
Das Recht auf Rechtsschutz
Einspracheverfahren
Ablehnungen durch Krankenkassen können innert 30 Tagen angefochten werden.
Die Kasse muss dann eine Verfügung erlassen, die gerichtlich überprüfbar ist.
Gerichtliche Verfahren
Nach der Einsprache können Betroffene den Fall vor das kantonale Versicherungsgericht bringen.
Auch eine Beschwerde beim Bundesgericht ist möglich.
Ombudsstellen und Patientenstellen
Ombudsstellen der Krankenkassen vermitteln aussergerichtlich.
Patientenstellen in vielen Kantonen unterstützen bei rechtlichen Fragen und Beschwerden.
Internationale Perspektive
Wenn in der Schweiz keine adäquate Behandlung verfügbar ist, können Patientinnen und Patienten Anspruch auf Behandlung im EU-Ausland haben.
Grundlage sind bilaterale Verträge sowie die Kooperation mit europäischen Referenznetzwerken (ERN).
Dadurch erhalten Betroffene Zugang zu hochspezialisierter Expertise und Studien.
FAQ: Häufige Fragen
- Habe ich Anspruch auf genetische Abklärungen?
- Ja, wenn sie medizinisch indiziert sind. Die Kosten übernimmt die Grundversicherung.
- Darf ich meine Krankenakte einsehen?
- Ja, Patientinnen und Patienten haben jederzeit Anspruch auf Einsicht und Kopien.
- Wer bezahlt teure Medikamente?
- Die Grundversicherung übernimmt Medikamente auf der Spezialitätenliste. Off-Label ist eine Einzelfallprüfung nötig.
- Wie wehre ich mich gegen Ablehnungen?
- Innerhalb von 30 Tagen Einsprache einreichen. Zusätzlich Ombudsstelle oder Patientenstelle kontaktieren.
- Habe ich Anspruch auf eine Behandlung im Ausland?
- Ja, wenn in der Schweiz keine adäquate Therapie verfügbar ist und die Krankenkasse eine Kostengutsprache erteilt.
Fazit
Patientinnen und Patienten mit seltenen Krankheiten haben in der Schweiz ein breites Spektrum an Rechten –
von Aufklärung und Mitsprache über Kostenübernahme bis zu Rechtsschutz.
In der Praxis müssen diese Rechte jedoch oft aktiv eingefordert werden.
Dr. med. Jens Westphal und sein Team begleiten Betroffene nicht nur medizinisch,
sondern auch beratend im Umgang mit Krankenkassen, IV und Behörden – damit Patientinnen und Patienten die Versorgung erhalten, auf die sie ein Recht haben.